Tattoo-Trends in München


Die Arschgeweih-Ära ist schon lange vorbei. Wenn du jedoch wissen willst, was gerade der neueste Tattoo-Trend ist, geh ins Bett, Bad oder ins Wohnzimmer. Die auf Kissen, Duschvorhängen und Lampenschirmen gedruckten Muster spiegeln genau das wieder, was gerade die neuesten Tattoo-Trends im Tattoo-Shop sind.

Ich habe diesen Zusammenhang schon vor einigen Jahren bemerkt, als der heißeste Trend beim Tätowieren Delphine und kleine Sonnen und Monde mit Gesichtern waren. Das exakt gleiche Sonne- und Mondmuster nach dem Kunden fragten, entdeckte man auf Wandteppichen und Kissenbezügen, während man Toilettenartikel im Baumarkt kaufte. Darauf folgend waren Kanji (chinesische oder japanische Wörter) das, was jeder Tattoo-Kunde unbedingt haben wollte. Natürlich gab es Bettwäsche und Duschvorhänge mit asiatischen Sprüchen für „Liebe“, „Glück“ und „Loyalität“ in rauen Mengen überall zu kaufen.

Es sind nicht wir Tätowierer, die plötzliche Tattoo-Trends diktieren. Vielmehr reagieren wir auf die Launen der Designwelt. Lange Zeit war es gang und gebe, dass der Kunde sich ein vorgefertigtes Tattoo-Design aus Flash-Büchern oder von der Studiowand heraussuchte. Heute ist diese Methode des analogen Tattoo-Shopping lange überholt. Viele Kunden ziehen es vor, ihre Tattoo-Designs virtuell auf Pinterest, Google Image Search oder Modeblogs auszuwählen. Aus diesem Grund wird ein virtueller Raum für Tattoo-Trends erstellt der sich ständig vergrössert, bis ein stark gehyptes Tattoo zu einem Klischee wird. Diese allgegenwärtigen Bilder von Tattoo-Trends umgeben uns tagtäglich in einer seltsamen Zone, in der Tätowierungen sich mit Modetrends überschneiden.

Tattoo-Trends in München


Das Paradebeispiel einer Tätowierung mit irreparablem bitteren Beigeschmack ist das, was heute spöttisch als „Arschgeweih“ bezeichnet wird. Der lustvolle Schmuck am unteren Rücken im Tribal-Design war die „Sexy-Tätowierung für jeder(Frau)“ in den 90er Jahren.


Es gab natürlich ein männliches Pendant – das Stammesarmband. Beide bestanden aus Mustern, die ebenso viel sexuellen Ausdruck besaßen, wie eine soziale Aussage.

Das Arschgeweih und andere Tattoo-Trends

Bedauerlicherweise war das Arschgeweih von Anfang an mit sexuellen Vorurteilen behaftet. Was als leichte Provokation gedacht war und zur Verbesserung der Figur in ihrer Jugend beitragen sollte, wurde später zur Zielscheibe für Spott und hämisches Getuschel hinter ihrem Rücken im Freibad.
Einer der aktuellen Trends für sexy Tattoos ist das, was als „Rib Scribble“ bekannt ist. Lebensbejahende Wörter und Zitate in Kursivschrift auf dem Rippenbogen verewigt. In dem Bemühen, eine Übersättigung des technisch schwierigen Tattoos auf der empfindlichen Hautpartie zu verhindern, versuchen einige Tätowierer das neue Arschgeweih mit Namen wie „Ho Handle“ oder „Skank Flank“ zu desozialisieren. Bisher hat das aber nicht wirklich geklappt.

Ich schätze das Arschgeweih hat so manchem Tätowierer in den 90er Jahren eine Menge Geld in die Urlaubskasse gespühlt. Jetzt zahlen mir unzählige „Rib Scribble“ meine Miete und sorgen dafür, dass der Pizzabote am Abend ein fettes Trinkgeld bekommt. Es wird immer Kunden geben, die irgendeinem Tattootrend hinterherlaufen. Doch wer in die Fußstapfen anderer tritt, hinterlässt keine eigenen.

Dennoch, ohne mir ein Urteil zu erlauben, gebe ich bei jedem Tattoo mein bestes. Egal wie klein, einfach, banal oder komplex es ist. Tätowieren ist meine Leidenschaft und ich wünsche mir, jedes Tattoo zu stechen, als wäre es mein letztes. Nicht weil ich denke, jedes Tattoo ist mein Vermächtnis, sondern weil ich glaube, die Leute haben es sich verdient.

Auch ein Arschgeweih.

Euer Tom und das ganze Team